Gorilla Magazin | Naturschutz in Corona-Zeiten | August 2020

Im Heft: Covid-19 ist eine zusätzliche Herausforderung für den Naturschutz. Wir berichten, wie die Pandemie unsere Arbeit verändert hat, und welche Rolle intakte Ökosysteme bei der Verhinderung von Pandemien spielen.

19.08.2020, Kasia Rabel

Liebe Leserinnen und Leser, liebe Mitglieder und Freunde,

Unser Logo, der Berggorilla, ist noch das gleiche, der Name des Magazins, das Sie jetzt in den Händen halten auch. Und doch ist seit der letzten Ausgabe nichts mehr wie zuvor. Erstmalig in der jüngeren Geschichte hat eine massive Pandemie die Welt ergriffen. Der Auslöser ist kleiner als ein Hunderttausendstel Millimeter, ein Sars-Cov2 genanntes Virus, nicht mal ein Lebewesen, eigentlich nur ein Strang Nucleinsäuren, eingebettet in eine kugelförmige Membran. Eine biologisch aktive Substanz, die andere Zellen braucht, um sich zu vermehren. Und der Mensch mit seinen 100 Billionen Zellen ist dafür kein schlechter Ort. Zumal wir fast acht Milliarden Menschen sind, soziale Lebenswesen, weltweit vorkommen und dazu noch viel reisen.

Seit Jahren warnen Forscher vor einer solchen Pandemie. Mit ihren Szenarien lagen sie erschreckend nah am heutigen Geschehen. Doch zwischen Wahrscheinlichkeit und Wirklichkeit liegen in unserer Empfindung Welten. Neben dem neunen Virus müssen wir uns nun zwangsweise der neuen Wirklichkeit stellen: Wir haben die Büchse der Pandora geöffnet. Pandemien nehmen zu. Womöglich zeigen uns HIV, Ebola, Zika, Sars und Co., dass wir uns auch hier einem gefährlichen Kipppunkt nähern oder diesen bereits überschritten haben. Dass dramatische Entwicklungen ablaufen, die wir weder voraussagen noch kontrollieren können.

Wie aber kam es dazu? Tatsächlich liegt die Geburts- stätte der meisten dieser Zoonosen, Krankheiten also, die von Tieren stammen, in den besonders artenreichen Tropen. Das verwundert erstmal nicht. Warum sollte der dortige Artenreichtum nur für Pflanzen, Vö- gel, Amphibien, Reptilien, Fische und Insekten gelten, nicht aber für Bakterien und Viren? Wenn nun Menschen in dieses Labor der Evolution vordringen, steigt natürlich die Gefahr, dass sie sich etwas einfangen und dies bei der Rückreise irgendwo hin verteilen. Doch es gibt noch weitere Effekte: Wenn die Ökosysteme geschädigt werden, zum Beispiel durch Rodungen, dann nimmt die Artenfülle ab. Den Viren stehen weniger potenzielle Wirte zur Verfügung, aber von diesen wenigen Spezies, gibt es mitunter deutlich mehr Individuen. Das gilt vor allem für den Menschen und seine Haus- und Nutztiere. Aus zufälligen Mutationen entstehen mitunter neue Virus-Wirts-Verbindungen. Das Immunsystem des neuen Wirts ist darauf nicht eingestellt. Eine jahrtausendalte Koevolution wie zum Beispiel mit den Fledermäusen, die zahlreiche Viren tragen, aber nicht mehr erkranken, gibt es dann nicht. Die Wirkung ist fatal.

Zum Schluss dennoch die gute Nachricht: Alle drei großen globalen Krisen – Klimawandel, Verlust der Biodiversität und jetzt die Pandemien – hängen zusammen. Eines der wirksamsten Gegenmittel ist der Schutz von Wildnisgebieten. Dort wird Kohlenstoff gespeichert, Arten werden erhalten und intakte Ökosysteme schützen vor Pandemien. Wir sind den globalen Katastrophen also nicht schutzlos ausgeliefert. Wir haben die Krisen geschaffen und wir können sie abstellen oder zumindest mindern. Ein „wie vor Corona“ darf es nicht geben.

Wir als Zoologische Gesellschaft Frankfurt werden an unserem Grundansatz festhalten, Wildnis zu schützen. Dafür gibt es mit Sars-Cov2 jetzt einen entscheidenden Grund mehr.

 

Herzlichst, Ihr
Christof Schenck

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