Am Caquetá-Fluss trägt das Monitoring von Flussschildkröten dazu bei, das Gebiet zu schützen. Das Projekt hat sich zu einem erfolgreichen Modell der Zusammenarbeit zwischen der Schutzgebietsbehörde und den indigenen Bewohnern entwickelt. In der Fortpflanzungssaison 2022-23 schlüpften mehr als eine Million junge Flussschildkröten. Das ist die höchste Anzahl der letzten zehn Jahre.
Indigene Gemeinden engagieren sich für den Schutz ihrer Flussschildkröten
Seit 2014 unterstützt die ZGF mehr als 100 indigene Familien aus den ethnischen Gruppen der Miraña, Bora, Muinane, Ninuya und Yucuna beim Schutz der Arrau-Flussschildkröten (Podocnemis expansa) im Herzen des kolumbianischen Amazonasgebietes.
Charapas, wie die Schildkröten dort genannt werden, stehen als vom Aussterben bedroht auf der roten Liste, denn früher wurden die Tiere im großen Stil ausgebeutet. Die Eier wurden gesammelt und die erwachsenen Tiere hauptsächlich wegen ihres Fettes gefangen. 1987 wurde der Cahuinarí-Nationalpark gegründet, um die Charapas und ihren Lebensraum zu schützen. Doch ein Konzept dazu gab es bis 2014 nicht.
Der Cahuinarí-Nationalpark überschneidet sich mit dem angestammten Territorium der Miraña-Bora-Indigenen, Gemeinsam mit der Indigenen-Organisation PANI und der kolumbianischen Schutzgebietsbehörde Parques Nacionales Naturales de Colombia (PNNC) begann die ZGF vor neun Jahren damit, eine Strategie zu entwickeln, wie eine Nutzung der Schildkröten möglich sein könnte, ohne sie dauerhaft zu gefährden.
Ein wichtiger Bestandteil dieser Strategie ist die Überwachung der Niststrände am Caquetá-Fluss im Cahuinari-Nationalpark sowie in den Nationalparks Rio Pure und Serranía de Chiribiquete. Das Monitoring, das die indigenen Familien an den Stränden durchführen, erfolgt in zwei Phasen: während der Eiablage und beim Schlupf der Jungschildkröten.
Ab September kommen die Charapas-Weibchen an die Niststrände des Caquetá und legen ihre Eier. Das kann bis Februar oder März dauern. Dann beginnt die zweite Phase und die Schildkrötenbabys schlüpfen. Während der gesamten Zeit campieren die indigenen Familien, die sich am Programm beteiligen, abwechselnd immer 22 Tage lang in der Nähe der Niststrände. Das Schildkröten-Monitoring erfordert lange Fußmärsche und Bootsfahrten bei Tag und Nacht und die indigenen Familien decken zusammen etwa 400 Fluss-Kilometer ab. Jeden Tag besuchen sie die Strände, zählen, markieren und bewachen die Nester, damit sie nicht geplündert werden. Es ist zwar illegal, doch noch immer werden Eier eingesammelt und verkauft.
Das Schutzkonzept funktioniert. In diesem Frühjahr schlüpften so viele Schildkrötenbabys wie nie zuvor in den letzten zehn Jahren und ZGF-Projektkoordinatorin Ana Lucia Bermudez, die das Schildkrötenschutzkonzept gemeinsam mit den indigenen Familien entwickelt hat und durchführt, ist stolz auf dieses Ergebnis: „Im März und April 2023 schlüpften 1.084.379 Charapas an den Stränden des Unterlaufs des Caqueta-Flusses. 1.214 Schildkrötenweibchen kamen zur Eiablage hierher. Wir haben doppelt so viele Nester registriert wie im Jahr zuvor.“
Diese Zahlen dienen als Entscheidungsgrundlagen für das weitere Management der beiden Charapas-Arten. Und sie zeigen, dass sich das gute Monitoring unmittelbar positiv auf das Populationswachstum und die Erhaltung der Art auswirkt.
„Charapas sind sogenannte Schirmarten, das heißt, ihr Verschwinden hätte spürbare Auswirkungen auf das gesamte Ökosystem, seine Funktion und die Artenzusammensetzungen im Gebiet. Wenn wir die Charapas schützen, schützen wir viele weitere Arten im selben Lebensraum“, sagt Ana Lucia Bermudez.
Mit dem Schildkrötenprojektes werden die indigenen Gemeinden beim Schutz des Gebietes aktiv eingebunden. In Kolumbien, einem Land mit vielen Konflikten und einer wieder verschärften Sicherheitslage ist es mehr denn je wichtig, dass der Naturschutz Verbündete vor Ort hat. „Unser Ziel ist es, die Schildkröten für die indigenen Gemeinden zu erhalten. Denn für sie sind die Eier der Tiere sowohl ein wichtiger Teil ihrer traditionellen Ernährung als auch ein wichtiger und heiliger Teil der Entstehungsgeschichte der indigenen Kultur“, sagt Ana Lucía Bermúdez.