Die ZGF will mit ihrer strategischen Ausrichtung bis 2030 doppelt so viel erreichen wie sie das bisher schon tut. Die ersten konkreten Schritte ist sie bereits gegangen.
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Wir wollen unsere Wirkung im Naturschutz verdoppeln
Ein Gespräch mit Geschäftsführer Dr. Christof Schenck.
Herr Dr. Schenck, die Zoologische Gesellschaft Frankfurt will zum ehrgeizigen 30 x 30 Ziel der CBD, dem Übereinkommen über die biologische Vielfalt, beitragen. 30 Prozent der Land- und Wasserflächen der Erde sollen bis 2030 unter Schutz gestellt werden. Wie wollen Sie das angehen?
Dr. Christof Schenck: Die Zoologische Gesellschaft Frankfurt wird sich deutlich entwickeln müssen, um sich neuen Herausforderungen stellen zu können. In einem strengen Auswahlverfahren auf der Grundlage wissenschaftlicher Kriterien und nach einer dezidierten Machbarkeitsprüfung werden neue Projektgebiete hinzukommen. Der Schwerpunkt wird auf großen, natürlichen Ökosystemen, dem Reichtum an biologischer Vielfalt und Wildnis liegen.
Im letzten Jahr haben Sie im Jahresbericht davon gesprochen, dass die ZGF unter dem Motto „Double Conservation Impact“ in die Zukunft geht. Wie ist das vorangekommen?
Da hat sich ganz viel Dynamik entfaltet. Vor allem in Afrika und Südamerika bauen wir gerade unser Engagement in der Fläche aus. Mit privaten zweckgebundenen Mitteln gab es zudem eine externe Evaluierung der ZGF, wie auch eine Unterstützung beim personellen Ausbau der Organisation. Um mehr Wildnis in Zukunft abzusichern, brauchen wir zusätzliches Personal und mehr, vor allem auch langfristig verfügbare Mittel. Dafür haben wir jetzt sogar zwei neue Abteilungen geschaffen: Human Resources und Conservation Funding. Gleichzeitig müssen wir darauf achten, die Werte der ZGF zu erhalten und unsere Reputation, auf die wir heute schon stolz sind, weiter abzusichern und zu entwickeln.
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© Daniel Rosengren
Wie will die ZGF dieses Wachstum strukturieren?
Unsere Wachstumsstrategie orientiert sich primär an unserem Kernziel: biodiversitätsreiche, große Wildnisgebiete abzusichern und gemeinsam mit den Menschen im Umfeld der Schutzgebiete an einer möglichst nachhaltigen Landnutzung zu arbeiten, während große Kernbereiche in der Landschaft, die „Anchor-Parks“ möglichst frei von extraktiver Nutzung und anthropogener Gestaltung bleiben sollen. Damit wird Biodiversität erhalten, Kohlenstoff gespeichert und es werden weitere für unser Überleben wichtige Ökosystemleistungen abgesichert. Unser Ansatz dazu besteht aus den Elementen Secure, Extend, Expand, also Absichern und Erweitern.
Was bedeutet das?
Secure bedeutet, bestehende Projektgebiete ausreichend abzusichern. Unter Extend verstehen wir, weitere Flächen in einem Landschaftsraum zu schützen, in dem wir bereits aktiv sind oder dort zu einer nachhaltigen Bewirtschaftung beizutragen. Und Expand heißt für uns letztlich unser Projektportfolio auszuweiten und ganz neue Gebiete aufzunehmen, mitunter in Ländern, die für die ZGF neu sind.
Und das passiert alles parallel?
Ja, so stehen beispielsweise verstärkte Aktivitäten und die Übernahme eines Co-Managements in den Bale-Bergen in Äthiopien oder im Lomami-Nationalpark in der DR Kongo für Secure. Also eine bessere Absicherung. Unser neues Engagement in den Game Reserves oder in Regionen um die Nationalparks North Luangwa und Nsumbu in Sambia herum steht für Extend. Marromeu in Mosambik wiederum ist ein ganz neues Gebiet in einem für die ZGF neuen Land und läuft daher unter Expand.
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© Daniel Rosengren
Wie werden diese Gebiete ausgewählt?
Die Auswahl neuer Gebiete muss sehr sorgfältig, strategisch und anhand eines klaren Kriterienkatalogs quasi im Wettbewerb miteinander erfolgen, da die ZGF sich für viele Jahre, mitunter Jahrzehnte an diese Gebiete binden wird. 2023 gab es daher erste „Scouting-Missionen“, die wir dieses Jahr, also 2024, deutlich ausgeweitet haben. Unsere Kolleginnen und Kollegen vom Afrika-Referat haben dazu bereits potenzielle Gebiete in Angola, dem Süd-Sudan und Äquatorialguinea besucht, in denen wir uns überlegen, ob ein langfristiges Engagement funktionieren und sinnvoll sein könnte. In Südamerika sind es primär die großen Nationalparks und indigene Schutzgebiete in Brasilien und Guyana, in die wir mehr investieren wollen. In Mosambik und Brasilien ist die ZGF bereits dabei, eine rechtlich eigenständige Non-Profit-Organisation zu gründen.
Sehen Sie die ZGF für diesen Expansionskurs gut aufgestellt?
Insgesamt sehen wir bei der Biodiversitäts und Klimakrise ein zunehmendes Auseinanderdriften der wissenschaftlichen Faktenlage und des Handelns von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Umso wichtiger ist das Wirken der ZGF in den großen Naturräumen. Mit unserem wachsenden Team, dem herausragenden Gebietsportfolio und wichtigen Gebern sowie diversifizierten Einnahmen und ausreichenden Rücklagen sind wir grundsätzlich gut aufgestellt. Das Jahr 2023 hat dies, trotz der Herausforderungen und mitunter auch Rückschlägen, deutlich gezeigt.
Allerdings erfüllt es uns mit Sorge, dass die staatlichen Mittel aus Deutschland für den internationalen Biodiversitätsschutz eher sinken, anstatt deutlich zu steigen, so wie es der deutsche Bundeskanzler gegenüber den Vereinten Nationen eigentlich versprochen hatte. Umso wichtiger wird privates und unternehmerisches Engagement für die Erhaltung der natürlichen Ressourcen.
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© Christof Schenck
Welche Konsequenzen hat das für die ZGF?
Die ZGF wird in ihre Strukturen und Arbeitsabläufe investieren, um die Organisation weiter zu professionalisieren und exzellente Teams aufzubauen, mit denen wir die hochgesteckten Ziele erreichen. Dem steigenden administrativen Aufwand müssen wir mit effizienten Prozessen begegnen. Ganz wichtig ist es auch für uns, die Ergebnisse unserer Arbeit fundiert zu messen und daraus kontinuierlich zu lernen. Wir werden weiter in die Akquise privater und staatlicher Mittel investieren und die Finanzquellen zusätzlich diversifizieren. Wir sehen uns aber weiterhin als Handwerker des Naturschutzes, mit einer ganz langfristigen Präsenz vor Ort und in enger Partnerschaft mit den privaten und staatlichen Akteuren. Nur so können wir tatsächlich unsere Naturschutzwirkung verdoppeln und mehr und größere Wildnisgebiete für uns und künftige Generationen bewahren.
Dieses Interview ist Teil des ZGF-Geschäftsberichts.
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©Bernd von Jutrczenka
2023 gehörte unser Geschäftsführer Dr. Christof Schenck gleich zweimal zur kleinen Runde von Fachleuten, die Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier auf einer Reise begleiten durften. Über den Jahreswechsel begleitete Schenck den Bundespräsidenten nach Brasilien, im Herbst dann nach Tansania und Sambia. „Es ist wichtig und gut zu sehen, dass Biodiversität und eine ökologisch nachhaltige Entwicklung hoch auf der politischen Agenda stehen“, sagt Christof Schenck. Vor allem beim Besuch in Sambia war die nachhaltige Entwicklung der ländlichen Gemeinden im Umfeld von Schutzgebieten ein wichtiges Thema.