Mit 14.750 Quadratkilometern ist der Serengeti Nationalpark ein wenig kleiner als Schleswig-Holstein. Ein derart großes Gebiet lässt sich gut mit kleinen Flugzeugen überwachen, zumal große Teile der Serengeti aus offener Savanne bestehen.
Seit 1964, als die Zoologische Gesellschaft Frankfurt die erste Cessna an Tanzania National Parks Authority (TANAPA) übergeben hat, ist die Bereitstellung von Flugzeugen bzw. die Übernahmen von allem was aus der Luft erledigt werden muss, ein fester Bestandteil der ZGF-Aufgaben in der Serengeti.
Zurzeit besteht unsere Miniflotte aus einer Aviat Husky und einer Cessna 172. Die Husky ist ein sehr kleines und leichtes Flugzeug, das in geringer Höhe und mit langsamer Geschwindigkeit fliegen kann und sich daher gut dafür eignet, nach Zeichen von Wilderei Ausschau zu halten.
Das zweite Flugzeug, die Cessna, wird ebenfalls für Patrouillenflüge eingesetzt, aber auch für Tierzählungen und für Logistikflüge. Beide Maschinen werden vorwiegend von einem Piloten des Nationalparks (TANAPA) geflogen, aber auch von unserem Projektleiter, der ebenfalls ein sehr erfahrener Pilot ist.
Im Monat werden mit beiden Flugzeugen zwischen 50 und 60 Stunden an reinen Patrouillenflügen absolviert. Das heißt der Park aber vor allem auch die Parkgrenzen werden systematisch abgeflogen. Werden dabei Zeichen von Wilderei oder andere Probleme für den Park entdeckt, gibt der Pilot die Information und Position an das Kontrollzentrum weiter. Dort wird der weitere Einsatz von Rangern koordiniert, die dann gegebenenfalls mit dem Fahrzeug an den entsprechenden Ort fahren.
Aus der Luft lassen sich Situationen erkennen, die die Ranger mit reinen Patrouillen zu Fuß oder mit dem Fahrzeug nicht sehen würden. Beispielsweise versteckte Camps von Wilderern, aber auch Touristenfahrzeuge, die verbotenerweise Off-Road fahren. An den Parkgrenzen sieht man aus der Luft schnell die Spuren von Vieherden, die illegal zum Weiden in den Park getrieben werden, oder Bautätigkeiten, die da nicht sein sollten.
Genaue Daten über die Größe von Tierpopulationen oder deren Verteilung und Wanderung sind eine wichtige Grundlage für das Naturschutzmanagement in einem Gebiet. Bei großen Tieren und offenem Gelände lassen sich solche Daten sehr gut aus der Luft gewinnen.
Gemeinsam mit unseren Partnern Tanzania National Parks (TANAPA) und dem Tanzania Wildlife Research Institute (TAWIRI) führen wir regelmäßig und seit vielen Jahrzehnten solche Zählungen durch. Vor einigen Jahren haben wir zudem die Paul G. Allen Foundation bei der bisher größten Elefantenzählung in Afrika unterstützt, dem Great Elephant Census.
Beim „aerial census“ folgen die Flugzeuge einem exakten Flugmuster aus parallelen geraden Linien, sogenannten Transekten. Die Crews bestehen normalerweise aus vier Personen: dem Piloten, der das Flugzeug entlang der Transekte navigiert und einem Beobachter auf dem Vordersitz, der Daten aufzeichnet. Das sind zum Beispiel: der Anfangs- und Endpunkte jedes Transsekts sowie die Flughöhe, aber auch Vegetation, Wasser oder Bereiche, die Brandschäden zeigen.
Die eigentliche Zählung führen die beiden Beobachter auf dem Rücksitz durch, die durch das linke und rechte Heckfenster schauen. Sie zählen alle Tiere (Anzahl und Arten), die sie innerhalb eines definierten Sichtbereichs sehen können. Dieser Bereich wird durch Metallstäbe festgelegt, die auf jeder Seite des Flugzeugs an der Flügelstrebe befestigt sind. Da die Flughöhe definiert ist, entspricht dieser sichtbare Ausschnitt einem etwa 150 Meter breiten Streifen am Boden. Die Beobachter zeichnen ihre Beobachtungen auf einem Diktiergerät auf. Um größere Gruppen von mehr als zehn Tieren genau zu zählen, werden Fotos gemacht und später zur Schätzung der Populationszahlen verwendet.
Eine konstante Flughöhe und Geschwindigkeit sind für die Konsistenz der Daten unerlässlich. Die Maschinen fliegen in einer Höhe von etwa 100 Metern über Grund und einer Geschwindigkeit von etwa 175 Stundenkilometern. So lassen sich größerer Tiere gut zählen, etwa Gnus und anderen Antilopen, Giraffen, Flusspferde, Elefanten, Paviane, Krokodile oder auch Warzenschweinen. Tiere, die sich vorwiegend in der Vegetation aufhalten, nachtaktiv sind oder die von oben nicht eindeutig identifizierbar sind, können so nicht erfasst werden.
Im Rahmen der Zählflüge werden auch andere Parameter aufgenommen, etwa die Anzahl von Siedlungen oder Weidevieh.
1957 flogen Bernhard und Michael Grzimek mit einem Kleinflugzeug, einer Dornier 27, nach Tansania, um die Gnus in der Serengeti zu zählen und das Ausmaß der großen Tierwanderung wissenschaftlich zu dokumentieren. Ihr preisgekrönter Film „Serengeti darf nicht sterben“ (1959) erzählt die abenteuerliche Geschichte ihrer Forschung in der Serengeti.
Der Erfolg des Films machte die Serengeti und ihre Bedrohungen über Nacht weltberühmt. Doch auch ihre Methodik zur Zählung aus der Luft war revolutionär. Derart systematisch hatte das zuvor noch niemand versucht. Michael experimentiere damit, Zebras mit bunten Bändern zu markieren, um sie später aus der Luft sehen und ihre Wanderung nachvollziehen zu können. Eine Methode, die heute, wenn auch wesentlich ausgefeilter, Standard in der ökologischen Forschung ist.
Obwohl die Grzimeks damals nicht mal zuverlässige oder detaillierte Karten der Serengeti hatten, schafften sie es, eine umfassende Zählung der großen Tiere der Serengeti zu machen. Auch wenn ihre Daten mit heutigem Wissen (und heutigen Karten) einige Fragezeichen haben, legten sie den Grundstein für das kontinuierliche Monitoring der Tierbestände der Serengeti.
Leider erlebte Michael Grzimek den Erfolg von Buch und Film sowie den daraus folgenden langjährigen Schutz der Serengeti nicht mehr. Er kam am 10. Januar 1959 in der aus dem Film bekannten zebragestreiften Do27 ums Leben. Im Alter von nur 24 Jahren stürzte der erfahrene Pilot Michael am Rande der Serengeti ab. Ein Geier war mit seiner Maschine kollidiert.