Der letzte Sommer war wieder besonders heiß und trocken. In Deutschland wurden Rekordtemperaturen gemessen. Die Vorgärten waren ausgedörrt, in manchen Gemeinden wurde das Wasser knapp. Unser Planet verändert sich vor unserer Haustür.
Vieles können wir hier in Mitteleuropa noch kompensieren. Ob wir Blumen gießen oder nicht oder ob wir unser Trinkwasser im Supermarkt kaufen. Aber die Veränderungen werden größer, der Preis höher, wenn wir weitermachen wie bisher. Wir sind mittendrin in zwei großen Krisen, die sich gegenseitig verstärken: die Klimakrise und der Verlust der Biodiversität.
Der Verlust an biologischer Vielfalt ist so groß wie seit der letzten Eiszeit nicht mehr. Praktisch befinden wir uns im sechsten Massenaussterben auf der Erde. Etwa eine Million Tier- und Pflanzenarten sind vom Aussterben bedroht. Schuld sind wir und die rapide Zerstörung der Natur. Auch die Erhöhung der globalen Durchschnittstemperatur ist eine der Ursachen.
Nach Ansicht vieler Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bleiben uns auf der Erde weniger als zwei Jahrzehnte, um das Ausmaß der Katastrophe noch zu beeinflussen. Dieses Zeitfenster wird durch den Zustand klimakritischer Systeme auf der Erde bestimmt, etwa dem Zustand der Gletscher oder auch der Regenwälder. Zerstören wir diese Systeme so weit, dass sie sich unumkehrbar verändern, wird sich auch das globale Klima weiter verändern und uns erwarten ungeahnte Konsequenzen.
Es gibt aber auch eine gute Nachricht: Wir Menschen sind Teil der Lösung. Davon sind wir bei der Zoologischen Gesellschaft Frankfurt überzeugt. Und ein Teil der Lösung ist bekannt: Wenn wir es schaffen, große Wildnisgebiete zu schützen, tragen wir entscheidend zur Krisenbewältigung bei. Daran arbeiten wir mit unseren Teams.
Wildnisgebiete sind große und weitgehend unzerschnittene, nutzungsfreie Gebiete, die einen vom Menschen unbeeinflussten Ablauf natürlicher Prozesse dauerhaft möglich machen.
Vor allem in den tropischen Regionen, aber auch in Europas großen Waldgebieten bieten sie Lebensraum für unzählige Arten, liefern Sauerstoff, sauberes Wasser und Nahrung. Sie sind Kohlenstoffspeicher und Schatzkammern der Natur, mit einem unschätzbaren Reichtum an biologischen Informationen, nutzbar für Ernährung, Technik, Medizin und Kultur.
Wir brauchen Wildnis dringender denn je. Wenn es gelingt, die globale Fläche der Naturschutzgebiete bis 2030 zu verdoppeln auf zukünftig 30 Prozent der Landes- und Meeresfläche, dann werden laut einer UN-Studie 88 Prozent der untersuchten Arten vor dem Aussterben bewahrt. Mehr als 500 Gigatonnen Kohlendioxid gelangen nicht in die Atmosphäre und das Risiko von Pandemien wird deutlich gesenkt, da neuartige Krankheiten primär in degradierten Ökosystemen auftauchen. Mehr als 100 Länder haben sich bereits dem Aufruf der Wyss Campaign for Nature angeschlossen, 30 Prozent des Planeten unter Schutz zu stellen.
Die Forderung, bis 2030 30 Prozent des Planeten zu schützen, basiert auf dem heutigen Stand der Wissenschaft. Auf der Seite der Wyss Camapign for Nature findet man eine Überblick über relevante Forschungsergebnisse, darunter Studien zur Wirtschaftlichkeit, zur Vereinbarkeit mit den Rechten Indigener, zur Gesundheit der Menschen, zur Ernährung und anderen.
Eine internationale Allianz von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, Instituten, Stiftungen und Naturschutzorganisationen unterstützt diese Forderung, darunter der Weltbiodiversitätsrat IPBES (The Intergovernmental Science-Policy Platform on Biodiversity and Ecosystem Services) und der Weltklimarat IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change).
Bis zu eine Million Arten sind vom Aussterben bedroht. Seit dem Zeitalter der Dinosaurier hat es keine vergleichbare Dimension beim Verlust an Biodiversität gegeben.
Jede unserer Arten hat eine lange Evolutionsgeschichte, die Millionen von Jahre zurück reicht. Alles, was die Arten auf unserer Erde ausmacht, ist gespeichert in ihren genetischen Informationen. Das sind gewissermaßen die Informationen auf der Festplatte des Lebens.
Jeden Tag unseres Lebens haben wir Kontakt mit Naturprodukten oder Dingen, die wir uns aus der Natur abgeschaut haben. Sie liefert Zutaten für Arzneien, sie ist Vorbild für technische Innovationen und überall mit der kulturellen Entwicklung des Menschen verbunden.
Der Mensch vernichtet wahllos und in immer höherer Geschwindigkeit Informationen auf der Festplatte des Lebens, ohne zu wissen, was dadurch verloren geht. Die Wissenschaft spricht von dem sechsten großen Massenaussterben der Arten.
Biodiversität beschreibt die gesamte biologische Vielfalt. Der Begriff bezeichnet die Vielfalt der Arten, Lebensräume und Gene auf unserem Planeten.
Biodiversität ist auch ein Bewertungsmaßstab für die Fülle unterschiedlichen Lebens in bestimmten Gebieten.
Besonders artenreiche Gebiete liegen besonders in der Tropenzone, also nah am Äquator. Deswegen befinden sich dort auch die meisten der ZGF-Projekte.
Der Weltklimarat rechnet damit, dass sich bei einem Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur um nur ein Grad Celsius das Aussterberisiko für noch sehr viel mehr Arten erhöht. Durch Klimaveränderungen könnten in den nächsten Jahrzehnten Schätzungen zufolge allein in Deutschland bis zu einem Drittel der Arten aussterben. Weltweit gelten Ökosysteme wie Feuchtgebiete, Korallenriffe, Mangroven- und Tropenwälder als besonders gefährdet – gleichzeitig sind sie aber auch stabile Puffer gegen Klimaveränderungen, weswegen es gerade diese Ökosysteme besonders zu schützen gilt.
Ursache für all das sind wir Menschen. Durch unseren exzessiven Konsum- und Wachstumsdrang verursachen wir den weltweiten Raubbau von natürlichen Rohstoffen. Kurz gesagt, immer mehr Menschen verbrauchen immer mehr Ressourcen. Hauptverursacher sind wir Menschen in den Industrienationen des Globalen Nordens und zunehmend des Ostens. Wir haben deswegen auch die Verantwortung, die Menschen und den Natur- und Wildnisschutz im Globalen Süden zu unterstützen.
Das machen wir mit unseren Projekten.
Eine der wichtigsten Funktionen für das Weltklima übernehmen Wälder, Moore und Ozeane: Sie sind sogenannte Kohlenstoffsenken. Das heißt, sie speichern riesige Mengen an Kohlenstoff.
Kohlenstoffdioxid, ist ein Treibhausgas. In der Atmosphäre verhindert es, dass Wärme von der Erde ins Weltall entweichen kann. Schon heute schaffen es die Ökosysteme der Erde nicht mehr, mit der Menge des von Menschen verursachten Kohlenstoffdioxid fertig zu werden. Dadurch verändert sich das Klima. Es wird wärmer.
Die damit verbundenen Folgeschäden sind immens. Extremhochwasser, Dürren und steigende Meeresspiegel sorgen weltweit für dramatische Zerstörung und kosten Menschenleben. Auch wirtschaftlich sind die Schäden gigantisch. Die Studie einer internationalen Versicherung schätzt die Gesamtschäden, die im Jahr 2021 durch Naturkatastrophen verursacht wurden, auf 280 Milliarden US-Dollar.
Es wird immer teurer, die Schäden abzupuffern. Die jährlichen Investitionen der G20-Staaten in den Naturschutz liegen weit darunter. Die UN fordert die führenden Industrienationen auf, ihre Investitionen in den Naturschutz zu verdreifachen, um die weltweit gesteckten Klimaziele zu erreichen. Geld, das in die Erhaltung von Ökosystemen fließen muss.
Wir haben seit 2011 unsere Investitionen in die Naturschutzprojekte verdoppelt und die Legacy Landscapes Stiftung angeschoben. Diese Stiftung finanziert die Basisarbeit von wichtigen Nationalparks und Naturschutzgebieten über Jahrzehnte. Sie ermöglicht damit eine notwendige Planungssicherheit für diese Schutzgebiete.
Es bleibt nur noch wenig Zeit. Wir nähern uns Kipppunkten von globaler Dimension. In Amazonien reichen dafür nur wenige Prozent zusätzliche Entwaldung. Dann kann nicht mehr genügend Wasser im Regenwald verdunsten. Der zunehmend trockene Wald wird dann großflächig von alleine absterben, unaufhaltsam und mit ungeahnten Konsequenzen für das Weltklima, einhergehend mit einem gewaltigen Artensterben.
Wir können die Erde nicht zerstören, aber sie kann durch unser Wirken deutlich unwirtlicher werden, mit lebensbedrohlichen Folgen für Hunderte Millionen von Menschen. Wir müssen die Zeit nutzen, die uns bleibt und gemeinsam mit aller Kraft die Systeme der Erde stabilisieren. Wildnis ist ein wichtiger Baustein dafür und daran arbeiten wir.