Die Zebras und Büffel kommen zurück

Ende Juni schloss das Nsumbu Tanganyika Conservation Program seine erste große Wildtierumsiedlung ab. 48 Zebras und 200 Büffel hat der Nationalpark aufgenommen – ein historischer Meilenstein für die Renaturierung des Nsumbu-Mweru-Ökosystems.

28.06.2021, Dagmar Andres-Brümmer

Nsumbu liegt im Nordosten von Sambia und ist wenig bekannt. Dabei findet man hier noch eine erstaunliche Vielfalt an ursprünglichen Ökosystemen mit bedeutenden Lebensräumen vor allem für die großen Pflanzenfresser wie die rund 150 Elefanten. Ende Juni schloss das Nsumbu Tanganyika Conservation Program seine erste große Wildtierumsiedlung ab. 48 Zebras und 200 Büffel hat der Nationalpark aufgenommen – ein historischer Meilenstein für die Renaturierung des Nsumbu-Mweru-Ökosystems.

Seit Ende Juni kann Craig Zytkow langsam wieder durchatmen. Am 24. Juni war der letzte Konvoi mit Tieren angekommen im Nsumbu-Nationalpark und alles ist gut gegangen. Doch die Wochen und Monate davor waren Zytkow und sein Team unter Hochspannung. 48 Zebras und 200 Büffel sollten aus dem rund 450 Kilometer weiter südlich gelegenen North-Luangwa-Nationalpark nach Nsumbu gebracht werden. So eine Umsiedlung ist kein Spaziergang. Zwei Jahre lang war die zweiwöchige Umsiedlung geplant und vorbereitet worden, berichtet Craig Zytkow. Der 40-jährige Sambier ist Programm-Manager des Nsumbu Tanganyika Conservation Program (NTCP). 2017 war das NTCP als partnerschaftliches Programm zwischen der sambischen Nationalparkbehörde Departement of National Parks and Wildlife (DNPW) und der Zoologischen Gesellschaft Frankfurt gegründet worden. „Die Verantwortung, die wir hier übernommen haben, ist immens“, sagt Zytkow. „Wir wollten bei allem die höchst möglichen Standards sicherstellen – für das Wohlergehen der Tiere und für einen ethischen Fang. Aber auch bei der Zusammenarbeit mit den zahlreichen Regierungs- und Gemeindevertretern, bei der Planung und natürlich bei der endgültigen Freilassung.“

248 große Tiere in der Wildnis einzufangen, in LKWs zu verladen und über Hunderte von Kilometern zu transportieren, ist ein immenses logistisches Unterfangen. © Mana Meadows

Bisher hatte sich das Programm in Nsumbu darauf konzentriert, dass sich die bestehenden Tierpopulationen in dem am Tanganjikasee gelegenen Nationalpark von selbst erholen können. Nun geht man einen Schritt weiter: „Für uns ist jetzt der Punkt gekommen, wo wir Arten, die lokal ausgestorben sind oder deren Anzahl zu gering ist, als dass sich die Population auf natürliche Weise erholen könnten, zurückbringen“, sagt Craig Zytkow. In einer Welt, in der Wildtiere und große Landschaften immer weniger werden, sei es seiner Meinung nach entscheidend, dass intakte Ökosysteme wie Nsumbu im Gleichgewicht sind und somit das gesamte Spektrum der Ökosystemfunktionen bieten: „Zum Nutzen von Menschen und Wildtieren gleichermaßen.“

Zebras und Büffel sind im Nsumbu-Mweru-Ökosystem nicht fremd. Historisch gesehen hatte Nsumbu immer sehr große Büffelherden, heute sind es allerdings nur noch wenige Tiere. Der jetzige „Boost“ mit 200 zusätzlichen Büffeln wird der Population den notwenigen Aufwind verleihen, den sie braucht, damit die Büffel wieder ihre Rolle im Ökosystem spielen können: Als große Grasfresser tragen sie wesentlich dazu bei, die Vegetation kurz zu halten. Sie beeinflussen damit das Feuerregime und schaffen offenen Lebensraum für andere Arten. Auch die Zebras gehören nach Nsumbu. Sie waren dort aber lokal ausgestorben hauptsächlich bedingt durch Jagd und Wilderei in den vergangenen Jahrzehnten.

48 Zebras hat der Nationalpark aufgenommen – ein historischer Meilenstein für die Renaturierung des Nsumbu-Mweru-Ökosystems. © Mana Meadows

Einige kannten Zebras nur aus dem Fernsehen

Im letzten Jahr hat das Nsumbu Tanganyika Conservation Program die Zusammenarbeit mit den Gemeinden intensiviert: Im Osten von Nsumbu beispielsweise haben die ZGF und der Chitimbwa Community Resources Trust eine Vereinbarung unterzeichnet und wollen gemeinsam ein 15.000 Hektar großes Gemeindeschutzgebiet im Iyendwe-Tal schaffen. Darüber hinaus gründeten die drei Fischergemeinden Munjela, Ndole und Kabyolwe an den Ufern des Tanganjikasees in einem demokratischen Verfahren sogenannte Fischereikomitees (CFMCs). Die ZGF unterstützte den Prozess inhaltlich und logistisch und sie veranstaltete Trainings für die neugewählten Komitees, damit die Gemeinden ihre Fischressourcen nachhaltig nutzen und effektiv schützen können.

Eine derartige konstruktive Zusammenarbeit führt auch dazu, dass die Resonanz der Gemeinden auf die Ansiedlung von Wildtieren positive ausfällt. „Einige Leute hier in den Gemeinden hatten noch nie ein Zebra gesehen. Sie kannten sie nur aus dem Fernsehen“, weiß Thomas Bwalya. Er ist Senior Wildlife Ranger des Nsumbu-Nationalparks und hat mit seinem Team für eine reibungslose Ankunft der Tiere gesorgt. „Für meine Beamten und mich war es sehr aufregend, dass die Büffel und Zebras angekommen sind“, sagt Bwalya.

Ein aufregendes Ereignis waren die neuen Wildtiere auch für Evaristo Mukwavi, den Vorsitzenden des Nsama Community Resource Boards: „Das ist etwas, das noch nie zuvor passiert ist. Für mich und die ganze Gemeinde ist das historisch“, sagt er und geht davon aus, dass die vielen neuen Tiere langfristig mehr Einnahmen für seine Gemeinde bedeuten.

„Wir wollten bei allem die höchst möglichen Standards sicherstellen – für das Wohlergehen der Tiere und für einen ethischen Fang. Aber auch bei der Zusammenarbeit mit den zahlreichen Regierungs- und Gemeindevertretern, bei der Planung und natürlich bei der endgültigen Freilassung.“ sagt Craig Zytkow. © Mana Meadows

Viele Vorbereitungen im letzten Jahr

Seit drei Jahren unterstützt die ZGF das Schutzgebietsmanagement und die Bekämpfung der Wilderei in Nsumbu. Vor allem Schlingenfallen sind in der dichten Vegetation ein Problem. Um ein über 5.000 Hektar großes Gebiet für die Büffel und Zebras vorzubereiten und frei von solchen Schlingenfallen zu bekommen, waren im letzten Jahr zwei Teams kontinuierlich von Mai bis Dezember im Park unterwegs und beseitigten die Schlingen.

Auch das Level an Sicherheit wurde deutlich hochgefahren seit Projektbeginn und in Vorbereitung der Wiederansiedlung. 2020 gab es in Nsumbu zum ersten Mal ausreichend viele Ranger. Rund 100 gut ausgebildete Ranger sind nun für den Park und die angrenzenden Gebiete im Ökosystem zuständig. Die ZGF sorgt für regelmäßiges Training und stellt Ausrüstung für die Patrouillen der Ranger im Feld bereit. Ein Einsatz, der sich lohnt: Im vergangenen Jahr wurde kein einziger Elefant gewildert und noch nie gab es so wenig Wilderei.

Auch in die Infrastruktur investiert Das Nsumbu-Tanganjika-Projekt der ZGF. Fünf Rangerquartiere wurden im letzten Jahr gebaut sowie drei Feldstationen. Im Parkhauptquartier gibt es eine voll funktionsfähige Werkstatt und ZGF-Mechaniker warten und reparieren dort alle Fahrzeuge sowie Arbeitsgeräte des Parks.

„Für uns ist jetzt der Punkt gekommen, wo wir Arten, die lokal ausgestorben sind oder deren Anzahl zu gering ist, als dass sich die Population auf natürliche Weise erholen könnten, zurückbringen“

Craig Zytkow, Programm-Manager des Nsumbu Tanganyika Conservation Program (NTCP)

Tiere vom Schwesterprojekt in North Luangwa

248 große Tiere in der Wildnis einzufangen, in LKWs zu verladen und über Hunderte von Kilometern zu transportieren, ist ein immenses logistisches Unterfangen und nicht ohne Risiko. Zumal alle Tiere aus den großen Wildbeständen des North-Luangwa-Nationalparks stammen, also nicht etwa aus Zuchten von sogenannten Game Farmen, wo die Wildtiere bereits in Gehegen stehen. „Die Bestände in North Luangwa sind gesund, ausreichend groß und es gab historisch gesehen eine Verbindung zwischen den beiden Gebieten“, erläutert Craig Zytkow.

Der Fang der Tiere war folglich eine gigantische Aktion mit einem großen Team an erfahrenen Leuten, Fahrzeugen und einem Helikopter. „Wir haben das mithilfe der Firma Conservation Solutions durchgeführt, sicherlich das erfahrenste Unternehmen in Afrika, wenn nicht weltweit, was den Transport von großen Tieren zwischen Nationalparks anbelangt“, erklärt Zytkow. Die Tiere wurden in Gruppen von etwa 70 Tieren gefangen und mithilfe des Helikopters dann in Gatter getrieben, über die sie in die Verlade-Lkws gelangten. „Wir haben dabei darauf geachtet, dass Familiengruppen immer zusammenblieben und gemeinsam verladen wurden“, sagt Zytkow.

Mit drei Lkws voller Tiere plus einem Spezialfahrzeug mit sechs Rädern, das dabei half, die Lkws bei Steigungen zu ziehen, ging es auf die 20-stündige Reise von North Luangwa nach Nsumbu. Vier solcher Transportaktionen waren nötig, bis alle Tiere am Zielort waren. Dort sind die Büffel und Zebras jetzt in einer 8.500 Hektar großen sogenannten Intensive Protection Zone. Einem umzäunten Gebiet, in dem die Tiere sich in Ruhe eingewöhnen können und nicht in Panik geraten und sich in alle Richtungen zerstreuen.

Damit die Ranger von Nsumbu die neuen Tiere gut im Blick behalten, sind sechs Büffel und drei Zebras mit Satellitenhalsbändern ausgestattet worden, die es ermöglichen, die Bewegung der Gruppen zu verfolgen. © Mana Meadows

Folgen bald Löwen und Nashörner?

„Dies war unser erster Schritt zur Verwirklichung weiterer Umsiedlungen. Ich freue mich sehr, dass wir diese Reise beginnen konnten und möchte allen danken, die das möglich gemacht haben: unser Partner DNPW und all unsere Spender, insbesondere die Wyss Foundation als Hauptgeldgeber“, sagt Craig Zytkow und erläutert das weitere Vorgehen. „Jetzt müssen wir erst einmal die Gesundheit und Sicherheit dieser Tiere überwachen, um sicherzustellen, dass wir unser Programm zur Renaturierung von Nsumbu und zur Stärkung der umliegenden Gemeinden fortsetzen können. Denn letztendlich streben wir langfristig die Wiederansiedlung gefährdeter Arten wie Spitzmaulnashörner und Löwen an.“

Damit die Ranger von Nsumbu die neuen Tiere gut im Blick behalten, sind sechs Büffel und drei Zebras mit Satellitenhalsbändern ausgestattet worden, die es ermöglichen, die Bewegung der Gruppen zu verfolgen. Auch die Ranger selbst sind im Vorfeld speziell dafür ausgebildet worden, das Monitoring der Tiere zu begleiten.

Die 248 neuen Büffel und Zebras werden nicht nur das Gras kurz halten. Sie sind auch der Grundstock für einen weiteren Zuwachs an Biomasse im Park, und damit an Futter für die potenzielle Löwenpopulation, die hoffentlich in der Zukunft Nsumbus Ökosystem noch weiter vervollständigen wird.

Das Nsumbu Tanganyika Conservation Program ist ein Gemeinschaftsprojekt der Zoologischen Gesellschaft Frankfurt mit Sambias Nationalparkbehörde Department of National Parks and Wildlife (DNPW). Ziel des Programms ist der bessere Schutz des Nsumbu-Nationalparks und des Nsumbu-Mweru-Ökosystems. Die umfassende Wiederansiedlung der Büffel und Zebras wird hauptsächlich gefördert durch die Wyss Foundation.

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