Dem ZGF-Team in Sambia ist eine komplizierte Nashorn-Rettung gelungen. Mit zwei Helikoptern und dank der Hilfe engagierter Partner durchstreift das Tier nun wieder sicherere Gebiete des North-Luangwa-Nationalparks.
Operation Nashornrettung
In Sambia lebte einst die drittgrößte Spitzmaulnashorn-Population des afrikanischen Kontinents. In den 1980er-Jahren wurden die Tiere jedoch so stark gewildert, dass sie 1998 in Sambia ausgestorben waren.
2001 begann das North-Luangwa-Schutzprogramm, eine Partnerschaft der Zoologischen Gesellschaft Frankfurt mit der für North Luangwa zuständigen Abteilung der sambischen Nationalparkbehörde DNPW (Department of National Paks and Wildlife) mit einem ehrgeizigen Projekt zur Wiederansiedlung von Spitzmaulnashörnern in Sambia. Mit großem Erfolg: 2003 wurden die ersten Nashörner umgesiedelt und heute lebt in North Luangwa eine überlebensfähige Population.
Und trotzdem: Nashörner sind weiterhin stark bedroht. Ihre Hörner werden illegal gehandelt und erzielen auf dem Schwarzmarkt unvorstellbar hohe Preise. Deshalb stehen die Tiere im Visier von professionellen Wilderern und kriminellen Kartellen.
2014 rief das NLCP die sogenannte Rhino & Elephant Protection Unit (REPU) ins Leben, ein Team von spezialisierten Rangerinnen und Rangern, die zur Sicherung des Ökosystems beitragen. Das REPU-Team tut alles, um die Nashörner des Nationalparks zu beschützen, doch es kommt immer wieder vor, dass junge Tiere, meistens Bullen, von dominanten Männchen vertrieben werden und das Gebiet verlassen. Bislang wurden alle Ausreißer aufgespürt, gesichert und, wenn nötig, wieder eingefangen und in den North-Luangwa-Nationalpark zurückgebracht.
Darum stellte es auch ein sehr hohes Risiko dar, als 2021 ein junger Nashornbulle die Nashornschutzzone innerhalb des Nationalparks verließ, wo die Tiere unter ständiger Beobachtung der Nashorn- und Elefantenschutztruppe (REPU) stehen. Er wanderte 220 Kilometer weit in ein abgelegenes Gebiet im Luangwa-Tal ohne Straßen und weit außerhalb des Einsatzgebiets der Nashorn- und Elefantenschutztruppe.
Um den umherstreifenden Bullen zu schützen, organisierte REPU gemeinsam mit der South Luangwa Area Management Unit der Nationalparkbehörde eine nie dagewesene Rettungsaktion. Monatelang wurde das Nashorn mithilfe des Flugzeugs von Conservation South Luangwa/Zambia Carnivore Programme bewacht und geschützt. Währenddessen konnten Ressourcen mobilisiert und ein Team für eine Rettungsaktion zusammengestellt werden.
Da es kaum Straßen im Gebiet gibt und die bevorstehende Regenzeit die Mobilität im Tal stark eingeschränkt hatte, war es sehr mühsam, in das Gebiet hinein- und wieder hinauszukommen. Schnell war klar: Eine Rettung „auf der Straße“ kam nicht infrage.
Auf der Suche nach Unterstützung und Rat blickte das NLCP nach Namibia und Südafrika. Dort haben Naturschützer bereits erfolgreich Nashörner an einem Helikopter hängend transportiert. Aber nie über eine so große Distanz. In Sambia war so ein Transport noch nie zuvor versucht worden.
Mehrere Monate lang organisierte das NLCP den Transport und sammelte alle nötigen Informationen, beschaffte Ausrüstung und Expertise und stellte ein multidisziplinäres Expertenteam zusammen, um das Nashorn zu retten.
Am 8. April 2022 unternahm dieses Team eine beispiellose Rettungsaktion. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von DNPW, der sambischen Luftwaffe (ZAF), der ZGF, von CSL/ZCP, Ultimate Heli, Parsons Aviation sowie Dr. Markus Hofmeyer von der Oak Foundation/Rhino Recovery Fund gehörten flogen das Nashorn zurück nach Hause.
Zunächst musste das Nashorn geortet und narkotisiert werden. Mit an Bord des Helikopters von Parsons Aviation, der von Harmand van Tonder geflogen wurde, waren der Leiter der DNPW Rhino Monitoring Unit, Paimolo Bwalya, sowie der leitende DNPW-Tierarzt Jackson Katampi und der auf Nashörner spezialisierte Tierarzt Dr. Markus Hofmeyr. Die gesamte Operation wurde aus der Luft von der ZGF-Husky koordiniert, die von ZGF-Programmleiter Ed Sayer geflogen wurde. CSL-Geschäftsführerin Rachel McRobb war mit an Bord der Husky. Für zusätzliche Überwachung von oben sorgte die Cessna 180 von CSL/ZCP, die von Gareth Brockhuizen geflogen wurde, mit an Bord waren DNPW Senior Wildlife Warden Lewis Daka und Area Warden Bovax Kachali.
Nachdem das junge Nashorn ruhiggestellt war, landete der Heikopter, damit die Tierärzte das Tier stabilisieren konnten. Danach wurden die Transportschlaufen an den Beinen des Nashorns befestigt. Dann wurde das Tier von einem Bell 412-Hubschrauber sanft angehoben und nach North Luangwa zurückgebracht. Der Helikopter wurde von ZAF-Oberstleutnant Johnson Sakuya und Major Kabwe Mwenya geflogen. Mit an Bord waren Experten für Schlaufentransport von Ultimate Heli, Philip van Coller und Buzz Bezuidenhout.
Als das Nashorn sicher in der Luft war, flogen der Hubschrauber mit den Tierärzten zum nächsten Tank- und Kontrollstopp weiter, während die ZGF-Husky in der Nähe des Transporthelikopters blieb, um den Einsatz zu koordinieren. Alles verlief reibungslos.
Auf dem Weg nach North Luangwa wurden zwei weitere Zwischenstopps eingelegt, um aufzutanken, das Nashorn tierärztlich zu untersuchen, die Narkose zu überwachen und die Schlingen zu lockern, damit die Beine des Nashorns durchblutet werden konnten. Beim zweiten Tankstopp wurde das Rettungsteam von Chief Nabwalya empfangen, bevor sie ihre letzte Etappe zum North-Luangwa-Nationalpark antraten.
Nach nur vier Stunden – ein Straßentransport hätte mindestens 36 Stunden gedauert – erreichten der Rettungstrupp und der Nashornbulle den Park, wo er nun zum letzten Mal vorsichtig zu Boden gelassen und in Empfang genommen wurde. DNPW Area Warden Pumulo Nyambe und sein Team brachten den jungen Ausreißer in eine Boma, ein stabiles Gehege aus Baumstämmen.
Bevor das Spitzmaulnashorn aus der Narkose geweckt wurde, erhielt es einen neuen Sender. In den nächsten Tagen und Wochen wird das Tier zunächst in der Boma bleiben und überwacht werden, ehe es im Nashornschutzgebiet im Nationalpark freigelassen wird. Trotz der anstrengenden Prozedur ist der junge Bulle wohlauf und hat seinen Rückflug unbeschadet überstanden.
Die „Operation Nashornrettung“ war hinsichtlich Planung und Logistik sehr aufwending und erforderte große veterinärmedizinische Expertise. Nur dank der sehr guten Zusammenarbeit aller Beteiligten gelang die Rettungsaktion. Vielen Dank an ZAF und DNPW, an CSL und ZCP und Parsons Aviation, an Ultimate Heli, die Bushcamp Company sowie die Oak Foundation und den Rhino Rescue Fund. Außerdem gilt unser Dank dem African Parks Network und der Sungani Lodge für ihre Unterstützung beim Besendern des Nashornbullen im Jahr 2021. Dank des Senders konnte das REPU-Team das Tier weiterhin beobachten und bewachen, bis es zurück nach North Luangwa geflogen werden konnte.
Ohne den Einsatz der Nashorn- und Elefantenschutztruppe wäre die kontinuierliche Überwachung des jungen Nashornbullen bis zu seinem Rücktransport nicht möglich gewesen. Alle REPU-Ranger stammen aus den Gemeinden im nördlichen Luangwa-Tal. Sie sind das beste Beispiel dafür, was es bedeutet, Verantwortung für den Schutz einer bedrohten Art zu übernehmen. Nur mit dem Einsatz der Gemeinden kann die Erhaltung des North-Luangwa-Ökosystems und der Schutz der Spitzmaulnashörner in Sambia gelingen.