Auf Basis von Feldstudien und Satellitendaten wird die erste Landbedeckungskarte für die ganz Polesie erstellt.
Die Polesie ist Europas größtes Binnenfeuchtgebiet und einige der letzten, wilden Flüsse des Kontinents durchströmen die Landschaft. Das Gebiet besteht aus Mooren, Wäldern, Inseln, Seen, Sümpfen und Feuchtwiesen und ist ein großer Kohlenstoffspeicher.
Die Polesie, die sich über die Ukraine und Belarus erstreckt und im Osten an Russland und im Westen an Polen grenzt, hat eine Fläche von mehr als 18 Millionen Hektar – etwa halb so groß wie Deutschland. Die wasserbedeckten Landschaften, vor allem im Frühjahr, machen Polesie zu einem europäischen Amazonas.
Die Region ist ein wichtiger Lebensraum für bedrohte Wildtiere, darunter 60 % der weltweit verbliebenen Seggenrohrsängerpopulation sowie das wichtigste Brutgebiet für den weltweit bedrohten Schelladler westlich von Russland.
Rund eine Million Zugvögel rasten hier jedes Jahr, um zu fressen und zu brüten. Auch große Säugetiere wie Wölfe, Luchse, Elche und Wisente kommen hier vor.
- Projekt: Wildnis ohne Grenzen – Projekt zur Erhaltung der Polesie
- Länder: Ukraine, Belarus (bis Februar 2022)
- Fläche: 58.000 km²
- Projektstart: 2002
- Projektleiterin: Elleni Vendras
Das Zentrum der Polesie besteht aus einem Netzwerk mehrerer Schutzgebiete, die zusammen eine Million Hektar umfassen. Dennoch sind viele der für die Natur wertvollsten Gebiete in der Region noch immer ungeschützt. Zum Netzwerk gehören drei Nationalparks sowie mehrere Naturreservate und Schutzgebiete. In vier strengen Naturreservaten im ukrainischen Teil der Polesie sind alle wirtschaftlichen Aktivitäten verboten. Diese Gebiete dürfen nur für wissenschaftliche Forschung, Monitoring und Bildung genutzt werden. Auch das Sperrgebiet von Tschernobyl in der Ukraine und in Belarus, das nach der Reaktorkatastrophe von 1986 entstanden ist, ist weitestgehend unbewohnt und bietet vielen Tierarten ein Rückzugsgebiet, vor allem großen Säugetieren wie Elch, Luchs, Wolf und Bär.
Die ZGF und ihre Partner schützen die Biodiversität und arbeiten daran, die Lebensräume wandernder Wildtiere in der Polesie miteinander zu verbinden. Dafür werden auf 100.000 Hektar gegenwärtig ungeschützter Wildnis neue Schutzgebiete geschaffen oder bestehende vergrößert – mit Erfolg: 2019 wies die Ukraine den 25.000 Hektar großen Nobelskiy-Nationalpark aus. 2021 wurde das Almany-Moor-Schutzgebiet in Belarus um 10.000 Hektar erweitert. Das Almany-Schutzgebiet mit dem größten intakten Durchströmungsmoor Europas ist nun 104.000 Hektar groß.
Gemeinsam mit Partnern führen wir derzeit vorbereitende Arbeiten zur Wiederherstellung von Feuchtgebieten durch, die im vergangenen Jahrhundert trockengelegt wurden. Einzigartige Lebensräume wie Moore und Marschland, die zu den seltensten Landschaften im europäischen Tiefland zählen, wurden durch die Trockenlegung zerstört. In intaktem Zustand sind Sumpfgebiete und Moore wichtige und langfristige Kohlenstoffspeicher. Indem wir diese Gebiete renaturieren, stellen wir auch ihre ökologische und hydrologische Funktion wieder her. Speziell durch die Wiedervernässung der Moore kehrt ihre Eigenschaft als Kohlenstoffsenke zurück und hilft dabei, den Klimawandel zu mildern.
Die ZGF und ihre Partner identifizieren Gebiete mit hohem Naturschutzwert im Herzen der Polesie sowie Lücken im ökologischen Netzwerk, die als Korridore Schutzgebiete miteinander verbinden könnten. Wir untersuchen und zählen Vögel, Fledermäuse, Schmetterlinge, Fische und Libellen zu unterschiedlichen Jahreszeiten und können so die Größe und Zusammensetzung dieser Gruppen dokumentieren und modellieren. Die gesammelten Daten tragen zur Erweiterung von Schutzgebieten bei. Wir überwachen auch Säugetiere wie Elche, Wölfe und Luchse, die durch die riesigen Flächen der Polesie ziehen. Dafür verwenden wir Kamerafallen, die uns Daten über die Populationsgröße der Arten geben und Informationen darüber, wie sie sich im Gebiet bewegen. Das hilft uns, unsere Aktivitäten zu planen und zu bewerten.
Viele Schutzgebiete in der Polesie haben veraltete Managementpläne; es fehlt an Ausrüstung und Kenntnissen. Die ZGF und ihre Partner verbessern das Schutzgebietsmanagement und unterstützen die weitere Entwicklung der Gebiete, indem wir Managementpläne entwerfen oder überarbeiten. Neuen und vergrößerten Schutzgebieten stellen wir Ausrüstung zur Verfügung, z. B. Computer, Rangeruniformen, Boote und Motorräder, aber auch Kamerafallen und Geräte zum Wassermonitoring. Mit einer Reihe von Fortbildungen unterstützen wir Weiterbildung und Training für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Schutzgebiete sowie örtliche Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger.
Mitten durch das Herz der Region soll eine 2.000 Kilometer lange schiffbare Wasserstraße entstehen, die das Schwarze Meer mit der Ostsee verbindet. Der Bau der sogenannten ‚E40‘-Wasserstraße würde es nötig machen, bislang unberührte Flüsse auszubaggern, aufzustauen, zu begradigen und zu vertiefen. Riesige Überschwemmungs- und Feuchtgebiete würden zerstört werden, Heimat seltener Tiere und Pflanzen, darunter Adler, Wisente, Bären, Wölfe und Luchse. Das Projekt würde das soziale Gefüge der lokalen Gemeinden zerstören. Außerdem könnte es die Wasserversorgung der Menschen mit gefährlicher Strahlung verseuchen. Die ZGF ist Partner der internationalen Koalition ‚Save Polesia‚, die den Bau der Wasserstraße ‚E40‘ verhindern will. Wir ermutigen die nationalen Regierungen, die lokale und regionale Wirtschaft durch Investitionen in die bestehende Eisenbahninfrastruktur anzukurbeln und das enorme Potenzial für naturbasierten Tourismus in der Polesie zu nutzen
Dank wissenschaftlicher Studien und Lobbyarbeit in den Jahren 2020-2021 werden in Belarus Naturschutzgebiete mit einer Gesamtfläche von 11 000 ha unter Schutz gestellt.
In der Ukraine wurde der Nationalpark Puschtscha Radzivila mit einer Fläche von über 24 000 ha ausgewiesen.
Das Almany-Moor-Schutzgebiet in Belarus wird um 10.000 ha erweitert.
Start der größten systematischen Kamerafallenstudie in der Polesie.
Der ukrainische Nobelskiy-Nationalpark wird mit einer Fläche von 25.000 ha ausgewiesen und anschließend von der ZGF mit Ausrüstung unterstützt.
Beginn des ELP-geförderten Projekts Polesie – Wildnis ohne Grenzen.
Die Kampagne Save Polesia gegen den Bau der E40-Wasserstraße wird ins Leben gerufen.
Eine wissenschaftliche Studie über die (mehr als 100) wertvollsten Naturgebiete in der Polesie ist abgeschlossen. Sie dient als Grundlage für die Planung zukünftigerSchutzmaßnahmen.
Europas größte Fledermausart, der Riesenabensegler, wurde in Belarus, zum ersten Mal seit 1930, in der Polesie wiederentdeckt.
Die ZGF initiiert grenzüberschreitende Zusammenarbeit zum Schutz der Polesie.
Das grenzüberschreitende Biosphärenreservat West Polesie, Belarus/Polen/Ukraine, wird ausgewiesen.
Nach 5 Jahren intensiver Arbeit wird in der Ukraine der Nationalpark Pripyat-Stokhid ausgewiesen, der 40.000 ha umfasst.
Die Verwaltung des regionalen Landschaftsparks Prypjat-Stokhid wird gegründet.
Die ZGF beginnt erstmals in der ukrainischen Polesie mit der Naturschutzarbeit.
Erfolgreicher Naturschutz ist immer Teamarbeit. In allen Projekten arbeiten wir mit den nationalen Behörden, den zuständigen Schutzgebietsverwaltungen, nationalen Naturschutzorganisationen, Geberorganisationen und mit den örtlichen Gemeinden.
- Ukrainian Society for the Protection of Birds (USPB)
- British Trust for Ornithology (BTO)
- Endangered Landscapes Programme (ELP)